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Der Wahl-O-Mat: Die "reine Zumutung" als Erfolgsfaktor

3pc-Geschäftsführer Armin Berger im Interview über den Wahl-O-Mat

23.9.2021

18 Millionen Aufrufe in drei Wochen – und der Endspurt kommt erst noch: Hohe Zugriffszahlen, die durch die Decke schießen, schafft der Wahl-O-Mat mit links. Hinter den Inhalten steckt die Bundeszentrale für politische Bildung. Für Design und Nutzerfreundlichkeit, sprich: reibungslose User Experience, sorgt 3pc. Geschäftsführer Armin Berger erklärt im Interview, warum eine fordernde Anwendung im schlichten Design solche Erfolge verbucht.

Der Wahl-O-Mat hat sein schlichtes Design seit Beginn beibehalten – ist das noch zeitgemäß?

Das Modell ist tatsächlich uralt, ein Umfrage-Tool im ganz simplen Design – aber wir halten bewusst weiter daran fest. Denn der Wahl-O-Mat hebt sich gerade durch seine Schlichtheit von allen möglichen anderen Anwendungen ab. Eine Gestaltung, die nicht gefällig ist und auch völlig ohne Multimedia-Inhalte auskommt mag oldfashioned wirken, sie ist zugleich aber auch super modern.

Dass wir mit dem Beharren auf einem Format, das wir mit Anpassungen seit bald 20 Jahren pflegen, den richtigen Riecher hatten, zeigen ja auch die Zugriffszahlen: Kein anderes Wahlhilfe-Tool kann so immensen Zuspruch verbuchen wie der Wahl-O-Mat.

Auch wenn er sehr schlicht aussieht – in der Anwendung ist er ziemlich anspruchsvoll. Wie kommt es, dass er dennoch so beliebt ist?

Das läuft gegen alle Trends, das ist richtig – im Grunde ist der Wahl-O-Mat eine Provokation, eine reine Zumutung. Statt eines niedrigschwelligen, emotionalen Angebots musst du selber nachdenken. 38 ernsthafte Fragen, immer noch ein und noch eine, dauernd sollst du Stellung beziehen - du musst ganz allein durch ein Tal der Tränen! Aber genau darin steckt eine klare Botschaft, die ankommt: Hier bist du, der Wähler oder die Wählerin, gefragt! Wir nehmen dich in die Pflicht, aber wir trauen dir das auch zu. Deine eigene Meinung zählt, du bist wichtig. Erst dann gucken wir, welche Partei deinen Ansichten am ehesten entspricht.

Im Grunde ist der Wahl-O-Mat eine Provokation, eine reine Zumutung.

Schwierig ist ja auch die Beschränkung auf reine Fragen – wieso gibt es im Wahl-O-Mat keine Erklärungen?

Keine Erklärungen? Das stimmt nur für den Einstiegs-Teil mit seinen knappen Thesen. Ganz bewusst werden Nutzer:innen auf sich selbst zurückgeworfen, müssen selber nachdenken und holzschnittartig mit Ja-neutral-Nein antworten.

Anders sieht es bei der Auswertung aus: Dort kann ich Fragen gewichten oder Parteien zum Vergleich auswählen, erhalte Begründungen und Stellungnahmen oder kann Standpunkte vergleichen. Diese Features haben wir in diesem Jahr neu gestaltet, damit sich Nutzer:innen noch intensiver mit den Thesen auseinandersetzen können. Dennoch: Sehr bewusst bleiben wir bis zu diesem Punkt beim Modell superschlicht, haben die cleane Reduktion mit einer gehörigen Portion Beharrlichkeit auch stets verteidigt.

Aber ist es nicht so, dass man, wenn man sich alleine fühlt, oft andere um Rat fragt?

Doch, genau – und das soll so auch sein! Gerade die mobile Anwendung führt dazu, dass Leute im Café anfangen beim Wahl-O-Mat-Spielen am Handy mit anderen zu diskutieren. Oder zuhause auf dem Sofa. Oder Ergebnisse, von denen sie überrascht waren, in Social Media-Kanälen posten und die Diskussionen dort losgehen. Und plötzlich bist du nicht mehr allein, durchlebst kein einsames Erlebnis, sondern ein gemeinsames. Ein gemeinsames Instrument politischer Willensbildung – was will man mehr?!

Der Wahl-O-Mat hebt sich gerade durch seine Schlichtheit von allen möglichen anderen Anwendungen ab.

Armin Berger

Geschäftsführer

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