Don't Cancel, Stream It: Digitale Events als neue Form der Live-Kommunikation
Interview mit Armin Berger
17.08.2021
Interview mit Armin Berger
17.08.2021
Mit der Corona-Pandemie entstand völlig unerwartet die Notwendigkeit, Menschen ortsunabhängig miteinander zu vernetzen. Für Workshops, Kongresse oder Teamevents mussten digitale Lösungen gefunden werden. 3pc-Geschäftsführer Armin Berger im Interview darüber, wie Livestreaming-Events echten Mehrwert bieten können und wie er die Zukunft digitaler Events einschätzt.
Als Gründer einer Digitalagentur beschäftige ich mich viel mit dem Stand der Digitalisierung in Deutschland. So groß die Sorge hinsichtlich der Pandemie auch war, habe ich früh erkannt, dass dieses kollektive Ereignis die digitale Transformation unserer Gesellschaft enorm beschleunigen wird. Wir haben gelernt, wie mit digitalen Tools umzugehen ist und wieviel man mit ihnen machen kann. Es gibt eine neue Offenheit zum digitalen Experiment. Das spüren wir deutlich angesichts der großen Nachfrage nach unserer Expertise in Sachen Veranstaltungen.
Zu Beginn der Pandemie ging es vor allem darum, mit digitalen Workshops, Schulungen und Teambuilding-Events laufende Projekte vor dem Stillstand zu bewahren. Als klar war, dass wir uns mit der Home-Office-Situation langfristig arrangieren müssen, spielten zunehmend komplexere Formate eine Rolle: Wie kann man Barcamps, Tagungen und Kongresse ins Digitale übersetzen? Im Rahmen der Berlinale haben wir beispielsweise eine Award-Verleihung übertragen und für TEDx eine interaktive Diskussionsrunde veranstaltet. Für das Goethe Institut haben wir sogar ein ganzes Festival sowie ein Event mit 120 Teilnehmenden aus über 60 Ländern und 17 Zeitzonen realisiert. Kurzum: Vom kleinen internen Event bis zum mehrtägigen Livestream war alles dabei.
Wir denken unsere Events immer aus der Perspektive der Teilnehmenden: Warum sind sie da und was macht für sie ein positives Erlebnis aus?
Wir denken unsere Events immer aus der Perspektive der Teilnehmenden: Warum sind sie da und was macht für sie ein positives Erlebnis aus? Daraus kann man eine Menge ableiten: Anmeldung und Teilnahme müssen leicht verständlich sowie bequem in der Nutzung sein – und vor allem technisch reibungslos funktionieren. Während des Streamings ist es besonders wichtig, echtes Live-Feeling zu erzeugen und für Abwechslung und Spannung zu sorgen. Für viele ist es anstrengend, lange auf den Bildschirm zu schauen und zuzuhören. Diese Situationen kann man mit Möglichkeiten zur Interaktion auflockern, beispielsweise durch Live-Abstimmungen. Außerdem sollte es immer Raum für Feedback geben – Wir lernen schließlich alle zusammen.
Eine klare strategische Ausrichtung ist enorm wichtig – wie bei jedem Projekt: Es geht darum, die Ziele des Veranstalters zu verstehen, die Zielgruppen zu schärfen und deren Bedürfnisse zu analysieren. Abgestimmt auf das Budget und die Ressourcenlage kann dann die Konzeption erfolgen. Von der Moderation bis zu den Einspielern wird dort alles festgelegt. Man kann sich das vorstellen wie ein Drehbuch für das Event. Später übernehmen wir dann natürlich auch Regie und Produktionsleitung und alles, was sonst noch dazugehört. Unser Ziel ist es, dass sich der Veranstalter ganz auf sein Publikum konzentrieren kann.
Für uns geht es immer um die richtige Kombination der Tools. Selten gibt es die One-Fits-All-Lösung. Mit den bekannten Meeting-Tools wie Zoom oder Online-Whiteboards wie Miro lässt sich schon ganz schön viel anstellen. Manchmal braucht es aber eine formalere und abgeschlossenere Benutzeroberfläche, wie etwa eine gebrandete Landingpage, auf der der Stream und das Programm eingebettet werden. Auch Ticketing-Lösungen lassen sich integrieren. Das technische Setup ist extrem skalierbar.
Ich bin überzeugt, dass uns virtuelle Formate auch zukünftig begleiten werden. Nach der Pandemie wird uns ein gewaltiger Erfahrungsschatz zur Verfügung stehen, den es gemeinsam zu überprüfen gilt.
Die Begegnung von Menschen vor Ort ist nicht durch digitale Lösungen ersetzbar. Wir glauben trotzdem nicht daran, dass die Bedeutung virtueller Formate stark abnehmen wird. Wichtig ist, dass wir nicht versuchen, analoge Formate 1:1 zu übersetzen. Vielmehr müssen wir verstehen, dass uns das Digitale neue Möglichkeiten gibt, Menschen über Kontinente hinweg zu vernetzen, in Echtzeit zusammenzuarbeiten und stichhaltige Ergebnisse zu produzieren, die einfach weiterverarbeitet werden können.
Nach der Pandemie wird uns ein gewaltiger Erfahrungsschatz zur Verfügung stehen, den es gemeinsam zu überprüfen gilt. Das, was gut funktioniert, sollten wir langfristig in unsere Arbeitsabläufe integrieren. Bestimmte Formate werden rein digital bleiben. Andere werden als hybride Events organisiert werden, sodass eine flexible Teilnahme möglich ist und ein viel größeres Publikum erreicht werden kann. Das lohnt sich auch wirtschaftlich.